Abschiede

Abschied von Django

Dass Django Menschenkontakt gehabt hatte, das war deutlich spürbar, denn er war nicht scheu, wie Tilly es ist. Er war es gewohnt, angefasst zu werden, daran, dass das Angst und Schmerz bedeutete und es kein Entrinnen gab. So müssen sich die Tiere im Labor fühlen, jeden Tag, jedes Mal, wenn ein Mensch zu ihnen kommt. Sie haben das sichere Wissen, dass es nun schrecklich wird, dass die Hände Qual bringen werden und es nicht die geringste Chance auf Rettung gibt.

Für die Tiere im Labor bleibt das so, lebenslang. Django konnten wir helfen.
Dem großen, gerade noch fröhlichen Hund, stand bei drohendem Körperkontakt anfangs die nackte Angst in den Augen. Er wurde steif wie ein Brett und wandte den Kopf ab. Er lieferte sich aus, wehrte sich nie. Wir glauben, dass jede Gegenwehr aus ihm herausgequält worden war. Ein seelisch gebrochenes Wesen, wenn es um den Umgang mit Menschen ging.

Wir wissen nicht, was Menschen dem schönen, großen, schneeweißen Django angetan hatten. Ob man ihm die Beine gebrochen, er einen Unfall gehabt hatte oder ob Mangelernährung die Ursache für seinen verkrümmten Körper war. Die Veränderungen waren zu alt. Er hatte extrem verformte Beine. Seine Kruppe war 10 cm höher als sein Widerrist. Er hatte bis auf den Gehörgang heruntergeschnittene Ohrmuscheln. Seine Gehörgänge lagen offen und schutzlos da. Sicher ist, dass Django brutal gequält worden war, und zwar von Menschen, die er kannte. Er musste oft in Kliniken, wo er dann viele Tage am Tropf hing. Erst langsam bekamen wir seine Magen-Darmprobleme in den Griff.

Als Django in Varensell aus dem Auto sprang, sah er Tilly und es war um ihn geschehen. Ab sofort wich er nicht mehr von ihrer Seite. Ich erinnere mich an ein Schockerlebnis ziemlich zu Anfang. Die Hunde waren im Garten. Plötzlich kam Django an die Terrassentür und sprang hektisch und ängstlich bellend hin und her. Es war ungewöhnlich, dass er von sich aus zu mir kam. Er schien sagen zu wollen: „Komm schnell. Ein Notfall. Es ist was ganz Schlimmes passiert. Du musst sofort helfen!“ Ich sah ein Tor offenstehen. Tilly war weg! Mithilfe der anderen Hunde konnten wir sie nach etwa einer Stunde wieder in den Garten locken.

Hunde können denken, sie haben Verantwortungsgefühl und sie können Pläne machen, da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Hätte Django nicht geistesgegenwärtig und planvoll gehandelt, dann hätte es für Tilly schlecht ausgesehen.

Ganz langsam fasste unser kluger Tillyretter auch zu uns so viel Vertrauen, dass wir ihn anfassen, streicheln und bürsten konnten, ohne dass er weglief. Allerdings kam er nie von sich aus anbucken, legte nie seinen Kopf auf den Schoß, forderte nie Streicheleinheiten ein, wie es Murphy und all die anderen gemacht hatten und wie Ari es nun tut.

Trotz seines verformten Skeletts sprang Django viele Jahre fröhlich durch die Welt. Neben seiner Tilly war die Welt rosarot. Jahrelang hopste er vor Freude vor jedem Spaziergang herum und ging dann lange ohne merkliche Probleme sogar die große Runde mit. Django konnte später auch von Kindern der Jugendgruppe geführt werden und nahm mit der Zeit Leckerli aus der Hand.

Für seine Schäden am Bewegungsapparat gab es keine Heilung. Sie betrafen seinen gesamten Körper. Klinikaufenthalte, Spritzen und Manipulationen mit Körperkontakt waren für ihn jedesmal eine Tortur. Wir wussten immer, dass unser lieber Djangoschatz nicht mehr lange bei uns sein würde, sobald er täglich hochdosiert Schmerzmittel bekommen musste. Wenn Therapie droht, zur Qual zu werden, dann muss man einen lieben Freund angst- und schmerzfrei gehen lassen.

Seine Patinnen und diejenigen, die hier vor Ort arbeiten, wussten seit Wochen, dass jeder Tag der letzte sein konnte. Und doch war es so schwer, ihn gehen zu lassen. Vielen lieben Dank für die lange, regelmäßige Hilfe für Ihr/Euer zeitlebens hilfebedürftiges Patenkind! Und vielen Dank Ihnen allen. Sie helfen mit Ihren Spenden, dass wir auch kranke Tiere, die keine Paten finden, oft lange begleiten können. Mit Ihrer aller Hilfe konnten wir hohe medizinische Kosten für Django bewältigen, ihm eine wunderbare Zeit an der Seite seiner Tilly bereiten und ihm beistehen bis zu seinem letzten Atemzug.

Alte und kranke Tiere müssen jeden Tag besonders aufmerksam beobachtet werden. Man muss Krankheitssymptome frühzeitig erkennen und Fachärzte auch noch erreichen können. Neben allen Therapiebemühungen gilt es aber auch einzuschätzen, wie groß die Lebensfreude ist, ob die schönen Augenblicke noch überwiegen. Viele Menschen haben täglich Schmerzen, möchten deshalb aber nicht sterben. Wie Tiere ihre Leiden, z.B. bei Arthrose, einstufen, das können wir nur erahnen. Wir tun alles, was uns möglich ist, ihnen ein lebenswertes Dasein zu bieten und wenn das nicht mehr möglich ist, ihr Sterben zu erleichtern.

Unser von Menschen zutiefst enttäuschte Djangoschatz hatte mit Tilly die Liebe seines Lebens gefunden. Zu ihr hatte er ein tiefes bedingungsloses Vertrauen, was er zu uns Menschen in dieser Form nicht mehr aufbauen konnte. Das wird uns trösten, uns dabei helfen, den Abschied von so einem wunderbaren, zurückhaltenden, sanftmütigen Freund zu verarbeiten.

Es ist recht still geworden, im Varenseller Hundewohnzimmer. Innerhalb kurzer Zeit zwei muntere Freunde zu verlieren, erst Murphy, jetzt Django, das spüren wir sehr deutlich. Ari kommt ständig und will gestreichelt werden, so als wollte sie uns trösten. Die Trauer um Django wird dauern. Die Zunahme seiner Beschwerden begann schon, als Murphy krank wurde. Murphys Krankenpflege ging nahtlos in Djangos und die von Pfötchen über.

Bitte helfen Sie uns, allen Tieren weiter beizustehen – Tieren wie Django, denen wir ganz direkt helfen können, und z.B. denen in der Trostlosigkeit der Labore, für die wir regelmäßig eintreten, auch jetzt, jede Woche in der Fußgängerzone, um unsere Verantwortlichkeit auch in Coronazeiten ins Bewusstsein zu rufen.