Kastenstandentscheidung „peinlich“ und „grausam“
Heute hat der Bundesrat eine Neuregelung der Haltung von weiblichen Schweinen in der Zucht beschlossen, die einen seit Jahrzehnten rechtswidrigen Zustand legalisiert. Aus der Verordnung, die regelt, wie Sauen im sog. „Kastenstand“ bzw. „Ferkelschutzkorb“ gehalten werden dürfen, wurde die Vorgabe gestrichen, dass die Tiere im Liegen ungehindert ihre Beine ausstrecken können müssen. Die routinemäßige Missachtung dieser Vorgabe in der Sauenhaltung war schon vor 5 Jahren gerichtlich als Rechtsbruch festgestellt worden. „Die aktuelle Entscheidung ist für den staatlichen Tierschutz in Deutschland ein Offenbarungseid“ sagt Astrid Reinke, Vorsitzende von Achtung für Tiere e.V.
„Sauen werden viele Monate ihres Lebens in Eisengestelle gezwängt, können sich darin nicht umdrehen, nicht gehen, nur stehen, liegen, essen, ausscheiden, gebären, stehen, liegen…“, beschreibt Reinke die Situation der Tiere. Schweine seien bewegungsfreudige Tiere, die Freude und Leid empfänden, sie seien intelligent wie Hunde. „Nicht etwa die Abschaffung ihres Martyriums, sondern seine Legalisierung für acht lange Jahre soll uns als Fortschritt verkauft werden. Das ist nicht nur grausam, sondern auch ein peinlicher Versuch, Bürgerinnen und Bürger für dumm zu verkaufen.“
Achtung für Tiere hat einen sogenannten Ferkelschutzkorb gekauft, um Besucher des Lebenshofes in Varensell hautnah erleben zu lassen, was deutsche Politiker unter „Tierwohl“ verstehen. „Was fühlt ein Schwein, wenn es zum ersten Mal in diese Folterbank gesperrt wird? Was denkt es, den ganzen ersten Tag, den nächsten, monatelang? Komplett auf einer Stelle eingekerkert, ohne sich auch nur umdrehen oder wälzen zu können? Welch eine Qual! Das Schwein kann nichts tun, um die Zeit schneller vergehen zu lassen. Was sind das für Menschen, die sich dieses Folterinstrument ausgedacht haben? Wie können Schweinehalter ihre Tiere in diese Gestelle zwingen und selbst ruhig schlafen? Die Sauen müssen im Gestell sogar gebären. Worte reichen nicht aus, um das Leid der Tiere zu beschreiben und die Herzlosigkeit von Politikern, Herstellern und Tierhaltern. Und auch die Kundschaft kann nicht mehr behaupten, sie habe es nicht gewusst.“
Gelingen könne die Verlängerung von Tierleid immer wieder auch deshalb, weil der Tierschutz dem Landwirtschaftsministerium unterstellt ist, ergänzt Frauke Albersmeier, zweite Vorsitzende des Vereins. „Es ist faszinierend, wie wenig manche Politiker sich darum scheren, Integrität zu wahren – und darum, wie sie von der Geschichte beurteilt werden. Sowas durchzudrücken, um für bestimmte Interessengruppen einen kurzfristigen Erfolg einzufahren, das ist schon jetzt hochgradig peinlich. In Zukunft, wenn die Gewohnheit, Tiere zu essen, überwunden sein wird, werden solche Manöver zulasten der Tiere noch niederträchtiger und armseliger wirken.“
Die Verwertung von Tieren sei auch für Menschen schädlich. „Tieren Leben voller Leiden aufzwingen, Pandemien heraufbeschwören, multiresistente Keime über der Welt ausgießen – das alles muss aufhören. Die grausige Lage der Tiere, die mit so vielen Schäden für Menschen einhergeht, kann nur beendet werden, wenn Tiere Rechte bekommen und unabhängige Institutionen sie verteidigen“, so Albersmeier.
Der Verein Achtung für Tiere sieht jeden Einzelnen in der Verantwortung, das Leid der Tiere zu verhindern: „Dem kurzen Moment, in dem Menschen die Körperteile von Tieren im Mund haben wollen, steht entgegen, Tieren alles zu nehmen und sie in vielerlei Form lebenslang größten Qualen auszuliefern. Das Leid der Tiere wäre sofort Geschichte, wenn jede und jeder ihm die Unterstützung entziehen würde. Wir dürfen niemals hinnehmen oder sogar fördern, dass Tiere wie Gegenstände gelagert und wie Waren verwertet werden.“
Achtung für Tiere fordert, Tiere um ihrer selbst willen zu achten und ihre Grundrechte wie das auf Leben und Schutz vor Folter anzuerkennen.