Ausgestellte Kaninchen im Gartenschaupark Rietberg

Zum Festhalten an der Tierhaltung durch Parkleitung und Züchter

Im Folgenden greifen wir konkret in der Presse erschienene Äußerungen der Leitung des Gartenschauparks Rietberg und eines Vertreters des Kaninchenzuchtvereins auf und erläutern, warum diese erst Recht gegen die Fortsetzung der Zurschaustellung von Tieren im Gartenschaupark sprechen.

Tierhaltung

„Dass Kaninchen an den heißen Tagen in Juli in kleinen Ställen eingesperrt waren, war ein Fehler von uns. Wir haben darüber nicht nachgedacht“, räumt Heinz-Dieter Brockschnieder, Zweiter Vorsitzender des Kaninchenzuchtvereins W376 Rietberg und Umgebung, auf Nachfrage der NW ein. „Außerdem haben wir sofort nach Bekanntwerden der Kritik die Käfige mit zwei Wassertrögen ausgestattet.“ Zurzeit würden die Kaninchen sogar zweimal am Tag mit Wasser versorgt. (NW)

Ein Tierhalter, der nicht darüber nachdenkt, dass seine Tiere an heißen Tagen in kleine Ställe gesperrt sind, in denen sie keine kühle Stelle aufsuchen können, gefährdet das Leben seiner Tiere. In die winzigen Kisten zwei Wassernäpfe zu stellen, damit man nicht so oft nachfüllen muss, eng die Tiere noch mehr ein.

Dass die Tiere zu wenig Platz hätten, weist Brockschnieder zurück. Die Kaninchen hätten genügend Auslauf und könnten laufen und buddeln. Dass die Tiere bei der Hitze erschöpft seien und das Einstreumaterial beiseite schieben, um einfach nur auf dem kühlen Boden zu liegen, sei ganz normal. „Diese Ausstellung präsentiert eine Rassekaninchenzucht und keine private Hobbyzucht, für die an­ dere Gesetze und Größenverordnungen gelten“, stellt Brockschnieder klar. (NW)

Die Tiere waren nachweislich ohne Auslauf in Kisten gesperrt und konnten weder laufen noch buddeln. Wie im Gutachten des Deutschen Tierschutzbundes ausgeführt, sind die Kisten zu klein und der Auslauf ist nicht artgerecht gestaltet, nämlich gar nicht. Im Übrigen haben alle Kaninchen dieselben Grundbedürfnisse, egal, wem sie gehören.

Zu den Vorwürfen, dass die Heuraufen zu hoch hängen, sodass die Kaninchen Männchen machen müssen, um an das Futter zu gelangen, erklärt Brockschnieder, dass die Tiere sich ja auch beschäftigen müssen. Würde man das Heu unten in den Stall legen, würde es eingenässt und eingekotet. (NW)

Artgemäß beschäftigen könnten sich die Tiere, wenn an vielen verschiedenen Stellen in einem großen Gehege Heu auf dem Boden ausgelegt würde. Kaninchen essen normalerweise mit dem Mund auf dem Boden. Eine Verunreinigung des Heus erfolgt nur, wenn die Tiere zu wenig Platz haben und deshalb inmitten von ihrem Kot und Urin essen und ruhen müssen, also genau so, wie es in den Kisten der Gartenschauparkzüchter der Fall war.

Brockschnieder weist außerdem darauf hin, dass die derzeit noch in Boxen anzutreffenden Tiere durchaus Zugang zu schattigen Plätzen in den Freigehegen haben. (NW)

Die Tiere waren bei 39 Grad fest in kleine Kisten gesperrt, auf die teil- und zeitweise auch noch die Sonne schien.

„Unsere Tierhaltung im Gartenschaupark Rietberg ist gesetzlich in Ordnung, das umfasst nicht zuletzt die Größe der Ställe“ (Glocke)

Es gibt kein Kaninchenschutzgesetz. Bezüglich der Stallgröße verweisen wir auf die Stellungnahme von Frau Dr. Mackensen.

Und es ist ihm ein Anliegen festzuhalten, dass alles getan werde, damit es den Tieren an nichts fehlt. (Glocke)

Abgesehen vom akuten Mangel an Wasser, Futter und einem kühlen Ort, fehlten den sozialen Tieren Artgenossen, Platz zum Rennen, Haken schlagen und Springen, Ausgucke, Verstecke, Boden zum Buddeln und nicht zuletzt Sauberkeit und Hygiene, Schutz nach oben, Frischkost, während großer Hitze vielmals tägliche Kontrollen, Schutz vor Besuchern… 

Alle Kaninchen waren eingesperrt und konnten die Ausläufe nicht nutzen.

So stehe den Langohren selbstverständlich stets ausreichend Futter zur Verfügung, wobei auch frische Kost wie etwa Salat und Möhren auf dem täglichen Menüplan stünden. „Weil wir das Grünzeug aber morgens verfüttern, sehen die Parkbesucher davon in der Regel nichts mehr, denn die Kaninchen futtern das sofort weg“, erläutert Brockschnieder und betont: „Später am Tag sollen die Futternäpfe leer sein. Das zeigt uns, dass die Tiere normal gefressen haben und gesund sind.“ (Glocke)

Die Tiere wurden nachweislich mehrfach ohne Futter und Wasser angetroffen. Die Behauptung, sie würden morgens, vor Eintreffen der Besucher, mit Frischkost versorgt, ist nicht überprüfbar. Ihr steht der Aushang entgegen, der erläutert, weshalb Frischfutter die Tiere angeblich gefährdet.

Dass die Näpfe leer sein sollen, steht im Widerspruch zum Bedürfnis der Kaninchen, ständig kleine Mengen essen zu können. Kaninchen sind Daueresser, weswegen Grundfutter immer zur Verfügung stehen muss. Heu fehlte. Sogar als einmal der 1. Vorsitzende Wasser und Pellets auffüllte, gab er kein Heu, obwohl es bei mehreren Tieren fehlte. 

Pelletfütterung, wie wir sie im Gartenschaupark beobachteten, wird in Fachkreisen wegen des hohen Energiegehalts, verminderten Zahnabriebs, möglichen Verdauungsstörungen und Vitaminmangels abgelehnt.

Auch zur Gruppenhaltung hat Brockschnieder eine klare Haltung: Das klappt nur, solange die Kaninchen noch nicht geschlechtsreif sind. „Andernfalls fangen sie an, sich zu beißen und zu treiben.“ Wolle man ein solches Verhalten unterbinden, brauche es ein riesiges Areal, so dass sich die Tiere aus dem Weg gehen können. „So viel Platz hat niemand.“ (Glocke)

Kaninchen sind soziale Tiere und brauchen die Gesellschaft mindestens eines weiteren Kaninchens. Sie einzeln zu halten ist Tierquälerei. Privatpersonen und Tierheime halten Kaninchen in Gruppen, in großen Gehegen mit verschiedenen Ebenen, Platz zum Rennen, Verstecken usw. Wer dazu nicht in der Lage ist, dem fehlt Sachkunde. Sachkunde müsste eigentlich vom Veterinäramt abgeprüft worden sein, welches die Kaninchenhaltung abgesegnet haben soll.

Umgang mit Kritik, „Gesprächsbereitschaft“ und die Verantwortung des Gartenschauparks Rietberg

„Wir stellen uns der Kritik. Wir haben schon oft Beschwerden bekommen und den Leuten angeboten, uns vor Ort zu treffen. Die allermeisten sind nicht gekommen und wollten sich mit dem Thema nicht wirklich auseinander setzen“, berichtet Brockschnieder. (NW)

Der Züchter gibt zu, es habe schon oft Beschwerden von Besuchern gegeben. Wer mehrfach auf Mängel hingewiesen wurde und nichts ändert, darf nicht immer noch mehr Gespräche erwarten. Offensichtlich sitzt man Kritik aus. Es gibt jetzt nichts mehr zu reden, sondern es muss gehandelt werden und zwar, indem die Zurschaustellung der Tiere komplett beendet wird.

 „Die Park-GmbH weiß die Kaninchen bei den Züchtern in guten Händen. Mitglieder des Kaninchenzuchtvereins kümmern sich immer mehrmals täglich vor Ort um die Tiere“, ist der Stellungnahme weiter zu entnehmen. (Glocke) „Dass an besagtem Tag in einzelnen Käfigen das Wasser ausgegangen ist, stellt für die Park­ GmbH einen bedauerlichen Einzelfall dar“, heißt es in der Pressemitteilung. (NW)

Die Kaninchen waren mehrfach ohne Wasser vorgefunden worden. Bei mehrmaligem täglichen Kümmern hätten die Missstände den Züchtern selbst auffallen müssen – sonst kann man nicht von „kümmern“ sprechen. Angesichts aller dokumentierten Mängel und der Eingeständnisse seitens Parkleitung und Züchtern ist unbegreiflich, dass man trotzdem noch davon spricht, die Tiere seien hier in „guten Händen“. Es ist aus unserer Sicht ganz dringend erforderlich, dass die Haltung in den heimischen Ställen überprüft wird.

„Im Gartenschaupark muss kein Tier leiden. Das würden wir niemals zulassen“, versichert Wiethoff. …. Er habe ein großes Interesse an einer bestmöglichen Haltungsform für die Kaninchen, denn „wir möchten Familien mit Kindern auch weiterhin die Gelegenheit bieten, bei uns im Park Tiere zu er­ leben und sich an ihnen zu erfreuen. (NW)

Es wurde zugelassen, dass die Kaninchen leiden – denn sie waren bei größter Hitze in kleine, verdreckte Kisten gesperrt und Wasser und Nahrung waren ausgegangen. Man kann nicht einerseits zugeben, dass das passiert ist, und andererseits vehement behaupten, man würde niemals zulassen, dass ein Tier leide. An keiner Stelle ist die Kaninchenhaltung im Gartenschaupark gut, erst Recht nicht bestmöglich. Man will an der Zurschaustellung der Kaninchen festhalten und nennt als Grund dafür, dass sich Menschen daran erfreuen sollen. Bisher konnten sich nur Menschen daran erfreuen, die nicht das geringste Wissen über Grundbedürfnisse von Kaninchen hatten. Den Familien wird vermittelt, dass Kaninchen anspruchslose, billige (20 Euro laut Aushang am Käfig) und einfach zu haltende Tiere sind. Wie schlecht es den Tieren unter diesen Bedingungen geht, tut anscheinend nichts zur Sache.

Kaninchen benötigen sehr viel Platz zum Laufen, Springen, Haken schlagen und umeinander ausweichen zu können. Sie brauchen Schutz vor Besuchern. Die Lebensräume sollten mit dichtem Gebüsch bepflanzt sein, viele Versteck- und Buddelmöglichkeiten bieten. Sie sollten Steine als Ausgucke und Strukturelemente, mehrere Ebenen und Ruhebereiche aufweisen. Kaninchen sind Fluchttiere und müssen sich zurückziehen können. Sie benötigen Grundfutter zur ständigen Verfügung und täglich Frischkost in Form von Gemüse, Obst und Grünfutter. Die Aushänge der Züchter lassen nicht die geringste Hoffnung aufkeimen, dass dieser Verein den absolut tierwidrigen Umgang mit Kaninchen ändern wird.

Park-GmbH-Geschäftsführer Johannes Wiethoff könne nicht nachvollziehen, dass der Tierschutzverein suggeriere, die GmbH habe sich dieser Thematik nicht angenommen: „Wir sind Frau Reinke dankbar dafür, dass sie auf fehlendes Frischwasser hinweist. Diesen Mangel haben wir umgehend beseitigt.“ (NW)

Wir haben nicht suggeriert, sondern Fakten dokumentiert und gefragt, ob die Kaninchenanlage aufgrund der unverzeihlichen und teilweise dauerhaften Missstände nun endlich abgebaut werde. Das wurde verneint.

„Verbesserung“?

Die Anlage im Parkteil Nord sei vom Veterinäramt genehmigt. „Nach den Hinweisen des Tierschutzvereins habe ich umgehend selbst mit dem Veterinäramt Kontakt aufgenommen, um zu erfragen, welche Verbesserungen wir noch vornehmen können – obwohl wir es nicht tun müssten.“ (Glocke)

Wir haben eklatante Mängel dokumentiert, die für die Tiere lebensgefährlich waren. Nun davon zu sprechen, dass man sich über mögliche Verbesserungen informieren wolle und dabei zu betonen, dass man das nicht müsse, ist nicht nur unprofessionell. Wir finden es angesichts der Situation der Tiere zynisch.

Quellen der zitierten Passagen:

NW: „Tierschutzverein schlägt Alarm“ (Birgit Vredenburg), Neue Westfälische, Rietberg, 13./14. August 2022

Glocke: „Kaninchenhaltung steht in der Kritik“, „Züchter halten sich an das Gesetz“, „Verein sucht das Gespräch“ (Susanne Schulte-Nölle) und: „‚Im Gartenschaupark muss kein Tier leiden'“ (gl), Die Glocke, Rietberg, 13. August 2022