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21. Juni 2022

Tierschutz – eine Frage der Bildung

Seit über 20 Jahren gibt Tierärztin Astrid Reinke Tierschutzunterricht, leitet Tierschutz-AGs, begleitet Projekttage und Tierschutzferien. „Während meines Zweitstudiums in Bielefeld auf Lehramt an Gymnasien/ Gesamtschulen gab es kein einziges Seminar zu Tierschutz oder Tierethik. Ich habe beides dann selbst mit Referaten, in Hausarbeiten sowie meiner Bachelor- und Masterarbeit eingebracht. Wir alle sind von der Geburt bis zum Tod täglich in die Schicksale von Tieren verwoben. Schülerinnen und Schüler haben ein Recht darauf, sich während der langen Zeit, die sie in Schulen verbringen, angemessen mit dem Schicksal der Tiere zu befassen und dazu ganz bewusst eine Haltung zu entwickeln.“

Reinke ist Vorsitzende von Achtung für Tiere e.V. Der Verein führt den Lebenshof in Varensell. Welchen massiven Einfluss die Tierwirtschaft auf Bildung nehme, zeige sich beispielhaft auf der Bildungsmesse didacta. Dort werde seit sehr vielen Jahren mit riesigen, pompösen wie professionellen Ständen u.a. für die Tierindustrie und die Jagd geworben. „Schülerinnen und Schüler, mit denen wir sprechen, hatten selten Tierschutz und Tierethik in der Schule. Aber sehr viele waren z.B. in der rollenden Waldschule der Jäger und bei Bauernhofprojekten. Sie berichten übereinstimmend, dass die für Tiere leidvollen Aspekte, Fakten wie Tiere leben, leiden und sterben, nicht zur Sprache gekommen seien,“ berichtet Reinke. Stattdessen hätten sie Kälbchen gefüttert, Ferkel gestreichelt oder Spuren  gelesen. Das sei irreführend und unfair gegenüber Lernenden und Tieren. In solchen Projekten werde die Basis dafür gelegt, dass Menschen unbewusst in die Akzeptanz von Tierleid hineinwüchsen.

„In diesem Schulhalbjahr hatte ich 20 Schulbesuche und jede Woche vier Tierschutz-AGs – es ging von Salzkotten über Rietberg, Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh bis Bad Salzuflen. Das echte Interesse der meisten Schülerinnen und Schüler, von der Grundschule bis zur Oberstufe, ihre vielen Fragen, Überlegungen und die oft intensiven Gespräche zeigten einen riesigen Bedarf an unabhängiger Information, der Vermittlung von Fakten und kritischem Nachdenken.“

„Tiere fühlen, sie wollen leben, ihre Familie um sich haben. Was du nicht willst, dass man dir tu´, das füg´ auch keinem anderen zu! Wir können nicht Gewalt gegen uns selbst verurteilen, zugleich tagtäglich gegen andere grausam sein und das nicht einmal in der Bildung ausführlich reflektieren! Das gilt nicht nur für Tierversuche, Jagd, die Praxis, Kuhmüttern ihre Säuglinge wegzunehmen oder Schweinemütter monatelang auf einem Fleck zwischen Eisenstangen einzupferchen, so dass sich nicht einmal umdrehen können.“

Tierschutz gehöre offiziell in die Lehrpläne. Es sei wichtig, auf die Bedürfnisse der Tiere und Mitgefühl zu vermitteln, Lebens- und Sterberealität der Tiere altersangemessen und ehrlich darzustellen und zu hinterfragen, ganz einfach den Bildungsauftrag auch in Bezug auf Tiere zu erfüllen. „Unser Umgang mit Tieren ist doch in vielen Bereichen mit Werten unserer Gesellschaft, wie Rücksicht, Fairness, Empathie, Hilfe für Schwächere, Ächtung von Diskriminierung überhaupt nicht mehr vereinbar“, kritisiert die Tierschutzpädagogin. Das könne sich nur ändern, wenn vom Tierleid unabhängige Information und das Nachdenken über Tiere in der Kita begännen und bis zum Schulabschluss altersangemessen fortgesetzt würden. „Tiere sind kein Unterfall von „Umwelt“. Sie sind als fühlende Wesen, als Individuen ganz persönlich betroffen. Menschen sollten nicht an Grausamkeit gegen Tiere gewöhnt werden, bis sie nur noch gleichgültig die Achseln zucken und sagen „das haben Menschen immer schon so gemacht…“ Schülerinnen und Schülern brauchen den geschützten Raum der Schule um auf der Basis unabhängiger Information über den Umgang mit Tieren nachzudenken. Dann können sie selbst entscheiden, wieviel Tierleid sie mittragen wollen oder eben nicht.“ Bei Interesse an einem Schulbesuch gibt es Infos unter www.achtung-fuer-tiere.de.