Pferd in vorhersehbarer Notlage der Behörde längst bekannt
Auf einer Eisfläche liegt ein mageres Pferd und kann nicht mehr aufstehen, der Halter zerrt an ihm, kann es nicht aufrichten. Auf diese Situation ist die Vorsitzende von Achtung für Tiere, Tierärztin Astrid Reinke, in dieser Woche nicht zufällig zugekommen. Erstmals gemeldet hatte sie dem Veterinäramt vier Pferde schon 2020. „Auch damals schon standen die Tiere tief im Matsch, ihr „Unterstand“ war unbrauchbar usw.“
Verzweifelte Aufstehversuche abwechselnd mit erschöpfter Seitenlage.
In diesem Winter sei die Lage schon vor der dramatischen Situation am 11.01.24 noch schlimmer gewesen. „Es waren nur noch zwei Pferde da, beide schienen lahm zu sein, eines sicher. Es war mager, trotz des Winterfells sah man seine Knochen. Schwer vernachlässigte Hufe mit tiefen Rissen. Ein zerfetzter „Unterstand“, der Boden darunter vor dem Frost völlig durchnässt, gefror zu einer zerklüfteten Hügellandschaft. Nirgends ein Liegeplatz, auf dem sich ein erschöpftes Pferd hätte hinlegen können. Wie kann man Pferde im Winter überhaupt ohne Stall draußen lassen?“
Dass sich das Pferd auf das Heu stürzte, obwohl es solchen Stress hatte, spricht dafür, dass es völlig aushungert war.
Am Morgen des 11. Januar dann die Eskalation, die Reinke für vorhersehbar hält. Beim Veterinäramt habe sie niemanden erreicht. Sie habe Polizei und Feuerwehr angerufen, da der Halter die Situation ihrer Einschätzung nach verschlimmerte. „Er und eine zweite Person zogen mit Gurten an dem Tier herum, das mir schon Tage vorher durch steifen Gang und Lahmheit aufgefallen war. Es machte aussichtslose Aufstehversuche, lag dann wieder erschöpf in Seitenlage. Ich weiß nicht, wie lange schon. Halter und Begleiterin zeigten keine Einsicht, stellten die Situation als schicksalhaft dar und gingen mich auf der persönlichen Ebene an.“
Die Polizei habe schließlich über eine spezielle Nummer das Veterinäramt erreicht. „Es hieß, vom Veterinäramt käme niemand. Der Halter habe die Auflagen erfüllt und ihm werde Zeit bis zum Abend gegeben, um das Pferd zum Stehen zu bringen. Wie er das bewerkstelligt, würde nicht kontrolliert. Ich wurde angewiesen zu gehen. Auch die Polizei würde wieder gehen. Ich konnte nichts für die Pferde erreichen und musste sie dort allein lassen.
Veterinärämter sollten Tierhalter auch routinemäßig kontrollieren. Wenn jemand negativ aufgefallen sei, dann müsse der im Auge behalten werden. „Die dramatische und für die Tiere leidvolle Situation hätte nicht entstehen dürfen. Immer wieder lesen wir in der Presse, dass Tiere in der Landwirtschaft leiden und sterben, obwohl die Halter Veterinärämtern lange negativ bekannt waren. Veterinärämter haben Ermessensspielräume, die sie ja auch zugunsten der Tiere ausschöpfen können.“
Auflage erfüllt? Diese Fläche mit etwas Stroh sollte laut Polizei als Liegefläche dienen. Dort kann kein Pferd auf verformbaren Boden liegen, vermutlich käme es dort wegen des aufgefrorenen Bodens auch nicht hin.
Der Fall sei einer von vielen. „Jeden Winter die gleichen Dramen. Witterungsschutz und eine trockene, verformbare genügend große Liegefläche – es ist so wenig, was Tierhalter Tieren geben müssen. Dennoch bestehen viele vehement darauf, nicht einmal Grundbedürfnisse zu erfüllen.“
Tierschutzmissstände würden oft erst durch Tierschutzvereine aufgedeckt. Viele Strafverfahren würden eingestellt. Staatsanwaltschaften stützten sich oft ausschließlich auf Aussagen von Veterinärämtern. Gerichtsurteile wegen Tierquälerei fielen milde aus und ließen eine abschreckende Wirkung vermissen.