Tiere sind wie wir

Redebeitrag bei „Schließen aller Schlachthäuser“ Gütersloh, 12.06.2021

Tiere sind wie wir

Tiere fühlen – Freude, Schmerz, Einsamkeit, Angst, Langeweile. Tiere verspüren Freiheitsdrang und Neugier, sie wollen leben, wünschen sich Freunde und schützen ihre Familie. 

Wir haben Menschenrechte, die uns vor Gewalt und Unrecht schützen sollen, weil wir empfindsame und leidensfähige Wesen sind. Tiere gleichen uns in Empfindungen und Grundbedürfnissen. Auch Tiere brauchen Rechte auf Leben, Freiheit, Schutz vor Folter u.v.m. 

Wenn uns überlegene Wesen auf die Erde kämen und uns antun würden, was wir Tieren antun, würden wir dafür Ausreden gelten lassen? Gibt es gute Gründe, damit man jemand anderen quälen und vernichten darf? Wie anders als man selbst muss derjenige sein, damit man ihm zufügen darf, was man selbst nicht erleiden will? 

Tiere werden zusammengepfercht – Hühner, Kühe, Schweine, Kaninchen und andere. Bei Tierversuchen werden Tiere gezielt zu Tode gequält. Tiere werden gefangen gesetzt, vergewaltigt, ihnen werden Geschlechtsteile, Schwänze, Zähne und Schnäbel abgeschnitten, Hornanlagen verätzt, man verschleppt ihre Säuglinge und vernichtet sie am Ende alle. Tiere werden benutzt, wie Dosen: füllen und ausleeren. Wie Gegenstände: herstellen, benutzen, zerstören, wegwerfen. 

Schweinemütter können sich im Sauenfolterstand nicht einmal umdrehen. Seit Jahrzehnten wird darum gerungen, ob ihre halbwüchsigen Kinder 75, 100 oder 150 cm2 Lebensraum „brauchen“. Man bemüht das schöne Wort „Tierwohl“, wenn sie Stroh, einen Jutesack oder ein Stück Holz zur Beschäftigung erhalten. Auch etwas frische Luft und Tageslicht sollen die Todeskandidaten bekommen. Die Schweineteenies sind größer als die meisten von uns. Und unternehmungslustig wie Hunde und Kleinkinder. 

Wie die Tierquälerei bei Tierversuchen, Tierzucht, Tierhaltung, beim Töten von statten gehen soll, das ist gesetzlich geregelt. Aber nicht einmal diese Regeln müssen eingehalten werden, weil ihre Überwachung unmöglich ist. Amtstierärzte überprüfen kommerzielle Tierhalter nur durchschnittlich alle 17 Jahre einmal, manche niemals. Mutwillige Misshandlungen, sterbende Tiere, in ihrem Kot liegend, während andere auf ihnen herumtrampeln. Jeder kennt die Bilder. Menschen schlagen Tiere auf den Boden oder gegen die Wand, treten sie mit Stiefeln, hängen garnicht oder fehlbetäubte Tiere an ihren Beinen auf. 

Immer wieder melden wir den Veterinärämtern hungernde Pferde, von Maden zerfressene noch lebende Tiere, Schafe, die sich auf drei Beinen nur noch mühsam humpeln, Schafe oder Pferde ohne Witterungsschutz, kranke Pferde, Schafe, die im Winter auf eiskaltem Boden hilf- und schutzlos gebären. Es ändert sich wenig. Tiermissbrauch ist nicht verboten.

Das harmlose Wort „Betäuben“ bedeutet in Wahrheit Schädel einschlagen, Vergasen, Ersticken oder Elektroschocks. Es reicht nicht, sich über verbotene Tierquälerei aufzuregen, die erlaubte ist genauso schlimm. 

Auch diejenigen, die ihre Tiere hegen und pflegen, die Kälber bei ihren Müttern lassen, selbst die liefern die Tiere, die ihnen vertrauen, später ans Messer. Nichts ist gut daran, jemanden zu töten, der ein gutes Leben hat! 

Wenn Kinder friedlich mit Tieren aufwachsen und dann sehen würden, was wir Tieren antun, sicher würden sie sich fühlen, wie in einem Horrorfilm. Aber schon Kinder werden kontinuierlich und meist unbewusst an Tierquälerei gewöhnt. 

Trotzdem sagt fast jeder Mensch, dass er Tiere liebt. Lieben, quälen, töten lassen – die meisten von uns haben da mitgemacht. Vom Säuglingsalter an werden wir darauf programmiert, Fleisch zu essen, wobei verschwiegen wird, dass dafür Tiere getötet werden. Man lässt uns Kälbchen streicheln und füttert uns mit Kalbsleberwurst. Kinder können die Zusammenhänge nicht erkennen, wenn man sie ihnen nicht erklärt. Würde man sie ihnen erklären, so würden viele Fleisch, Milch und Eier wohl kaum essen.   

Hühner, die wir nach einem Jahr Legezwang übernehmen, sind nackt und pickelig, wie die toten Körper ihrer Artgenossen im Supermarkt. Aber diese leben, beben, atmen, drücken sich in die Ecke des Käfigs. Sie frieren, bluten und zittern vor Angst. Kürzlich haben wir zwei Hühner vor dem Legezwang aufgenommen, schneeweiß und ganz dicht befiedert. Sie neben ihren missbrauchten Schwestern zu sehen, war erschütternd. Erst gut eineinhalb Jahre alt, waren die Hühner aus sog. Freilandhaltung völlig ausgemergelt, verletzt und krank. Die beiden halbwüchsigen Hennen wären 12 Monate später genauso zugrunde gerichtet gewesen. Viele Tiere sterben direkt in den Ställen ohne tierärztliche Hilfe. Wie können Menschen nur so grausam sein?   

Bei Achtung für Tiere erleben wir jeden Tag, wie unterschiedlich, lebensfroh und unternehmungslustig Hühner sind, wenn sie von früh bis spät durch den zugewucherten Garten wuseln. Wie sie miteinander sprechen, zärtlich singen oder gurren, sich laut gackernd freuen oder beschweren, um die Wette rennen und auf Bäume flattern, zusammen Sandbaden, im Schatten dösen, uns beobachten und begeistert bei der Gartenarbeit helfen. 

Jedes Pferd, jeder Hund, jedes Huhn und jedes Schwein ist eine Persönlichkeit, einmalig und unwiederbringlich. Jedes Tier hat nur ein Leben. Es ist ganz einfach all diese Leben zu beschützen: indem wir Kindern gar nicht erst antrainieren, Tiere zu benutzen, sondern sie zu achten. 

Jeder kann dabei mithelfen. Zusammen können wir eine freundlichere Welt für alle schaffen. Jetzt sofort.