Von der „Liebe“ zum „Sportpartner“ Pferd

1. März 2024 | Tiere halten

Von der „Liebe“ zum „Sportpartner“ Pferd

Ein Leserbrief aus dem März 2024 – er bezieht sich auf die immer öfter dokumentierten Quälereien im Pferdesektor, zuletzt im Fall von Cesar Parra.

Pferde sind gutmütig und freundlich. Sie sind ängstliche Fluchttiere. Quälerei an ihnen bleibt meist im Dunklen, denn Menschen wollen ihre Reitgelegenheit oder den Stall für ihr Pferd nicht verlieren. Zum Glück entzaubern einige mit versteckter Kamera das verlogene Bild vom Pferd als „Sportpartner“, dokumentieren Misshandlungen ehrgeiziger, gieriger Menschen in Haltung, Zucht und beim Reiten.

Ich habe rund 45 Jahre lang Pferdezucht, -haltung und -sport miterlebt. Reiten ist eine Sucht, von der man kaum loskommt. Ich habe auf kranken Pferden reiten gelernt, mit Sattelzwang, lahm oder mit Atemnot. Einige hassten Menschen. Pferde wurden von einem Reiter und zwei weiteren Personen am Boden mit Peitschen und Stangen über Hindernisse gequält. Stuten wurden festgebunden, mit gefesselten Hinterbeinen zwangsweise gedeckt oder besamt. Geile stinkende Männer standen drum herum. Sie begrabschten uns Mädchen später in einer Stallecke. Ob uns das Zusehen gefallen würde? Tja, was macht man da, mit 13 Jahren und süchtig nach Reiten?

Als Tiermedizinstudentin im Praktikum bei einem Fachtierarzt erlebte ich eine kranke Stute, die keine Turniere mehr gehen konnte. Trotz schwerster Atemnot war sie geschwängert worden, litt entsetzlich während der Schwangerschaft und die Geburt hat sie vielleicht nicht überlebt. Pure Tierquälerei. Sie wurde benutzt wie eine Dose, vollmachen, ausleeren, wegwerfen.

Ich erinnere mich an ein Pferd, das auf beiden Seiten festgebunden mit Nasenbremse, Peitsche und Forke misshandelt wurde. Beim zuständigen Veterinäramt erhielt ich die Auskunft, dass dieser Umgang mit dem Pferd erlaubt sei, wenn er eine Erziehungsmaßnahme darstelle.

Manche Stallbesitzer lassen ihre Katzen nicht kastrieren, schwer kranke Tiere nicht tierärztlich versorgen. Ich erinnere mich an einen alten Jagdhund mit von Milben zerfressenen Ohrmuscheln und Arthrose im vollgekoteten Zwinger ohne beheizte Hütte, an Ställe in denen viel zu wenig oder angeschimmeltes Heu gefüttert wurde, viel zu wenig eingestreut wurde, so dass die schweren Tiere sich kaum hinlegen konnten. Oft sind Stallbesitzer Jäger. Einer hatte Spaß daran, Ratten anzuschießen und zuzusehen, wie die verletzten Tiere litten. Eine Jugendliche lebte ihren Jähzorn am Dressurpferd aus, wenn es nicht „am Zügel ging“. Sie peitschte es auf engstem Raum, seinen Kopf zwischen die Beine geschnürt im Kreis, bis es klatschnass war, vor Angst und Schwäche zitterte, es völlig gebrochen war.

Klar gibt es Menschen, die gut mit Pferden umgehen. Über Selbstverständlichkeiten braucht man nicht zu reden. Bei Zucht, Reiten und Pferdehandel sind gigantische Geldsummen im Spiel. Hier muss angesetzt werden. Tierquälerei darf sich nicht lohnen. Man muss ZüchterInnen Zwangsstand, Hormone, künstliche Besamung und Embyotransfer wegnehmen, ReiterInnen das Eisen im Pferdemund, Zügel, Kandare, Hilfszügel, Sattel samt festgeknalltem Sattelgurt, Sporen, Gerte und Peitsche: Unbewaffnet kann dann beurteilt werden, wie es um die „Partnerschaft“ zwischen Mensch und Pferd bestellt ist.

Astrid Reinke, 1. März 2024